The rite
Der Wahnsinn der Drachen wird immer schlimmer, und das Wissen um die Pläne des verrückten Lichs Sammaster dahinter macht ihn nicht besser.
Nun ist es an den Abenteurern rund um Drachentöter Dorn Graybrook daran, herauszufinden, wie man dem von Sammaster kreierten Wahnsinn entgegen wirken kann.
Während Will und Pavel in einigen Ruinen zusammen mit merkwürdiger Gesellschaft nach Hinweisen forschen, hält sich der Avariel Taegan in der Stadt Lyrabar auf, von wo aus eine Gruppe von Magiern die Suchaktion nach Informationen um den Wahnsinn leitet. Jedoch gibt es offensichtlich einen Verräter unter ihren Reihen, der sich einer dämonischen Kreatur bedient, um die Magier der Reihe nach umzubringen. Taegan stellt sich der Kreatur entgegen und versucht, der Identität des Verräters auf die Schliche zu kommen.
Dorn, Kara, Raryn und der Kupferdrache Chatulio sind derweil auf dem Weg zu einem großen Kloster des Ilmater, in dem sich angeblich wichtige Informationen von Sammaster über den Wahnsinn befinden. Das Kloster wird jedoch von einer Horde chromatischer Drachen belagert, mit dem Ziel, eben jene Informationen zu zerstören. Die Gruppe schafft es zwar, ungesehen in das Kloster zu kommen, dort eröffnen sich jedoch ungeheure Mengen an schwierig zu entziffernden Texten. Während die Gelehrten fieberhaft über den Schriften brüten und sich die Belagerung immer unerbittlicher zusammenzieht, versuchen Dorn und Raryn verzweifelt, die Mönche des Klosters gegen den Ansturm der Drachen zu mobilisieren. Doch der Wahnsinn nagt auch an Kara und Chatulio, und es wird nur noch eine Frage der Zeit sein, bis beide ausrasten und sich gegen ihre Freunde wenden.
"The Rite" ist der zweite Teil der Fantasy-Trilogie "The Year of Rogue Dragons" von Richard Lee Byers, die in den Forgotten Realms des D&D-Universums spielt. Byers hatte schon im Vorgängerband "The Rage" bewiesen, dass er sich ausgezeichnet mit der D&D-Materie auskennt und liefert erneut gute Arbeit darin ab, dieses Wissen und vor allem dieses Rollenspielfeeling in Romanform zu übertragen. So ist es auch wiederum eine schlechte Idee, sich ohne Vorkenntnisse im D&D-Rollenspiel an "The Rite" heranzuwagen. Besser noch man kennt das "Draconomicon", jenes Buch der dritten Edition von D&D, welches sich ausschließlich mit den Drachen seiner Welt beschäftigt und aus dem Byers die meisten seiner Informationen zieht.
Teil 1, "The Rage", war ein zwar unterhaltsames, aber hemmungslos an Actionszenen überladenes Schlachtfest fast ohne Story und ohne viel Aufmerksamkeit für seine Charaktere. Diese wurden im Vorgängerband nichtsdestotrotz in ihren Grundzügen bereits eingeführt. Byers ergreift im mittleren Teil der Trilogie auch die Gelegenheit, sie ein wenig auszufleischen. Der Unterhaltungswert des Buchs steht jedoch weiterhin im Vordergrund, wirkliche Kunstwerke werden seine Figuren dadurch nicht – aber immerhin etwas dreidimensionaler. Die Freundschaft zwischen Will und Pavel, die sich darin äußert, dass die beiden sich andauernd gegenseitig Beleidigungen an den Kopf werfen, liest sich wesentlich amüsanter als noch im Vorgänger, der Avariel (ein geflügelter Elf) Taegan, der das Stadtleben dem abgeschiedenen Dasein seines Stammes vorzieht, ist ebenfalls recht interessant, sein Kumpane Jivex, ein sehr von sich überzeugter, tollkühner Feendrache, sorgt für Schmunzler. Auch die Gegenseite bekommt mit der gigantischen, arroganten roten Drachin Malazan und ihrem Konkurrenten Ishenalyr ein paar coole neue Figuren spendiert. Die zentralen Charaktere sind aber natürlich Dorn Graybrook und Kara, die, wie man im letzten Band gelernt hat, ein Drache in Verkleidung ist. Wie Dorn seine Verachtung zu Drachen langsam überwindet und Gefühle für seine Begleiterin entwickelt, ist einigermaßen gefühlvoll gelöst, so weit man davon zwischen all den Gemetzeln im Buch noch sprechen kann.
Davon sind in "The Rite" wie im Vorgänger immer noch unzählig viele enthalten – aber dennoch deutlich weniger. Der zweite Teil der Trilogie ist diesmal durch mehr Story zusammen gehalten, in der sich die drei Haupterzählstränge langsam weiter entwickeln. Die Story insgesamt ist natürlich weiß Gott nicht die Welt, aber immerhin. Ein kleiner Actionkrimi um die Identität des Verräters in Lyrabar und eine sich immer weiter zuspitzende Belagerung sind schon wesentlich weniger ziellos als das Gehetze im Vorgänger. Vor allem die Belagerung des Klosters hat einen sehr hohen Spannungsbogen, weil Byers sehr viele Faktoren mit einbringt, die diesen aufrecht erhalten. Die anderen Stränge lesen sich auch nicht übel, vor allem, weil sich der Autor auch traut, einige von seinen zahlreichen Figuren den Löffel abgeben zu lassen.
Die Action verkommt dabei natürlich schnell zur Routinesache – wenn Taegan das dritte Mal gegen den Dämonen antritt, ist das schon nicht mehr so aufregend, der x-te Kampf Mann-gegen-Drache, wenn auch wie immer toll beschrieben, haut einen auch nicht mehr vom Hocker. Abwechslungsreichere Gefechte, wie mehrere Luftkämpfe zwischen zwei gigantischen Drachen, sind da schon viel cooler. Der Gipfel der Coolness ist dann natürlich eine gigantische Massenschlacht in der Luft zwischen zwei Drachenarmeen – alleine die Vorstellung sollte einem schon den Mund wässrig machen. Wer allerdings nicht ertragen kann, wenn Drachen in Romanen ihr Leben lassen, der macht um Byers‘ Trilogie bitte auch weiterhin einen großen Bogen, die Viecher werden nämlich am laufenden Band wahrlich abgeschlachtet. Die Brutalität des Romans ist entsprechend hoch, auch das sollte niemanden abschrecken. Letztendlich gibt es sogar auch ein bisschen Erotik.
Wie gehabt, irgendwann hat man auch in "The Rite" den Action-Overload. Außerdem stellt Byers einen neuen Rekord im Implementieren kleiner Deus-ex-Machinae auf, denn irgendwie überleben die Helden in den Gefechten tödliche Angriffe immer nur in letzter Sekunde – irgendwann wird’s dann doch unglaubwürdig…
Vielen Dank an Doc für die Rezension
The Rite kann bei Amazon bestellt werden