Der Flammenatem
Es gibt zwei weit verbreitete Thesen bezüglich der Fähigkeit unserer westlichen Drachen Flammen auszuatmen. Die eine beruht auf einem chemischen Prozess der innerhalb des Drachenmagens stattfindet und Ihren Antrieb im Verzehr bestimmter Stoffe findet, die andere erklärt dies aus der Evolutionstheorie von Darwin und attestiert einen eigenen essentiellen Vorgang im Körper des Drachen, der für sein Überleben ausschlaggebend ist. Beginnen möchte ich mit der einfacheren der beiden Thesen, nämlich der des externen Auslösemechanismus:
Externe Auslösemechanismen:
‚Die geheimnisvolle Fähigkeit von Drachen. Feuerstöße zu erzeugen, ist eine ihrer mächtigsten Waffen – Drachenforscher wollen bis zu 200 m lange Stöße beobachtet haben, mit Temperaturen von über 1000 °C, und viele Menschen haben versucht zu erklären, wie diese bemerkenswerte Fähigkeit erreicht wird. Professor Heinz Diebtrich vom Götlingen-lnstitut für Kryptozoologie in Deutschland vermutete, dass Drachen phosphorhaltige Felsen schlucken, die in der sauren Umgebung des Verdauungsapparats zersetzt werden, vielleicht in einem besonderen Magen (von Professor Diebtrich als phosphorokatabolischer Magen bezeichnet), wobei ein Gas frei wird, das sich bei Luftkontakt entzündet. Alle Versuche, dieses Phänomen zu untersuchen – und im Laborversuch zu wiederholen, erwiesen sich als schwierig und häufig tödlich.’ [1]
Diese These steht in direktem Widerspruch mit der Arbeitsthese die in "The flight of Dragons" aufgestellt wird, ist aber nicht minder interessant. Stellt Euch jedoch dringend die folgenden Fragen: War es für Drachen tatsächlich immer nötig phosphorhaltiges Gestein zu sich zu nehmen um Feuer zu speien? Feuerspeiende Drachen leben auch dort wo es kein phosphorhaltiges Gestein geben kann. Besitzen sie eine Möglichkeit zu Speicherung des Phosphors? Wie viel Gestein muss ein Drache zu sich nehmen, um die besagten 200m Flammensäule zu erhalten? Hier erscheint mir also diese These also etwas weit hergeholt und zu stark vereinfacht worden zu sein, wenn sie auch leicht verständlich, sogar für Nicht-Chemiker, ist.
Wie bekannt diese, ganz offensichtlich sehr vereinfachte, These tatsächlich ist, lässt sich mit einem Blick auf die reichlich zu erhaltende Drachenliteratur am besten ermitteln. So spricht nicht nur das Buch der Ungeheuer von den Stein fressenden Drachen, sondern auch Anne McCaffrey in ihrem außerordentlich bekannten Roman Zyklus um die Drachenreiter von Pern. Bereits hier sehen wir gravierende Divergenzen! Denn fressen die Drachen in der einen Quelle noch phosphorhaltiges Gestein, nehmen sie in der anderen Feuerstein zu sich, um den bekannten Flammenatem erzeugen zu können. Ganz anders hingegen überliefern es uns alte deutsche Sagen, die von Drachen sprechen, die durch übermäßigen Kalk Genuss förmlich explodierten. Schließen wir aus der oben stehenden These also, dass die Explosion einfach eine Überreaktion gewesen sein muss, so können wir annehmen, das Drachen also wohl demzufolge Kalkstein fressen mussten, um Flammen zu speien.
Wir sehen allerdings auch, dass die drei Quellen hier einfach zu weit auseinander gehen, um ein einheitliches und somit glaubwürdiges Bild entstehen lassen zu können. Stellen wir also die These des externen Auslösemechanismus vorerst zurück, sie bringt uns nicht wirklich weiter, zu viele Ungereimtheiten begegnen uns hier.
Der Flammenatem als lebensnotwendiger Vorgang
Das ganze Phänomen der feuerspeienden Drachen lässt sich zurückführen auf Ihre Fähigkeit zu fliegen. Wie wir alle wissen, sind Drachen mehr oder weniger große Wesen, die sich zum größten Teil atemberaubend durch die Lüfte bewegen können. Zu verdanken haben sie dies Ihren großen und starken Drachenschwingen, das weiß doch jedes Kind. Falsch! Jeder Physiker würde bestätigen können, dass Drachenflügel von der Größe wie sie den Drachen attestiert werden, diese niemals vom Boden hätten anheben können. Drachen sind einfach zu schwer! Man darf sich also nicht mehr die Frage stellen warum Drachen trotz Ihrer Größe fliegen, sondern warum ein Wesen, das dazu bestimmt war zu fliegen, eine solche Größe entwickelte. Nun, mehr oder weniger einfach ist dies zu beantworten. Die Natur begann mit der Evolution. Drachen haben, wie alle Vögel und vermutlich wie auch die prähistorischen Flugechsen wie Pterodactylus und Pteranodon Hohlknochen um Ihr Gewicht zu reduzieren. Das allein hilft ihnen jedoch kaum Ihr gigantisches Gewicht auf ein flugfähiges Minimum zu reduzieren. Ein weiterer Mechanismus trat in Kraft, wie man ihn ähnlich bei Fischen finden kann. Fische besitzen eine Art Luftblase in Ihrem Körper. Je mehr Luft sich in dieser Blase befindet desto mehr Auftrieb haben sie. Ähnliches gilt für Drachen. Beinahe Ihr gesamter Körper besteht aus großen Hohlräumen, die mit einem Gas, welches leichter als Luft ist, gefüllt sind. Nur dieses ermöglicht Ihnen die gigantische Gewichtsreduzierung die es ihnen ermöglicht zu fliegen. Was hat dies jedoch mit dem Feueratem zu tun? Nun, betrachten wir das ganze doch einmal chemisch. Dieses Gas muß leichter als Luft sein und muß zudem vom Drachen selbst erzeugbar sein, um es bei Verlust austauschen zu können. Helium fällt hier aus, denn wie sollte ein Drache aus seinen natürlichen Rohstoffen elementares Helium herstellen? Wohl eher fällt die Wahl auf Wasserstoff, ein ebenfalls leichter als Luft einzustufendes Gas, das zudem leicht entzündbar ist. Die benötigten Bestandteile führt der Drachen wohl immer bei sich, nämlich als Kalzium in seinen Knochen. Die Formel, auf das einfachste Minimum reduziert, (Ich bin kein Chemiker also möge man mir Fehler verzeihen) würde lauten:
CAS + 2HClaq –> H2 (G) + CaCl2(aq)
Natürlich ist dies nicht so einfach wie es hier aussieht, denn die organische Chemie ist nie so einfach wie sie hier dargestellt wurde. Mit Sicherheit spielen auch noch eine Reihe ganz anderer Faktoren eine Rolle. Betrachten wir aber trotzdem erst einmal diese vereinfachte Formel und behalten im Hinterkopf, dass eventuell noch andere Stoffe daran beteiligt sein könnten. Biologisch betrachtet stellt sich der Vorgang also wie folgt dar: Drüsen im Körper des Drachen erzeugen Salzsäure, welche an den Knochen des Drachen herunter läuft. Die Säure reagiert mit der Knochensubstanz und erzeugt unter anderem ein Gas, welches ihm Auftrieb verleiht.
Die Herkunft des Gases welches den Drachen Ihren Auftrieb verleiht, wäre also hiermit teilweise geklärt. Jedoch ist zu bemerken, dass jeder von der Natur entwickelte Stoffwechselprozess nicht einfach angehalten und später wieder fortgesetzt werden kann. Als Beispiel könnte man hier die Umwandlung von Sauerstoff in CO2+Nebenprodukte anbringen, oder Calcium an und Ablagerung an unseren Knochen. Wir können diese Prozesse weder wissentlich noch unwissentlich abstellen und so kann auch der Drache die Gasproduktion nicht gänzlich abstellen. Von Zeit zu Zeit muß dieses also entweichen, will der Drache nicht explodieren. Es entweicht als der bekannte Flammenatem. Drachen speien also Feuer weil sie es müssen. Natürlich hat das Feuer speien noch ganz andere Hintergründe, zum Beispiel beim Balzverhalten. Der Drache, der in der Luft die größten Kapriolen vollführt, dabei die größte Menge an Feuer (Gas) ausstößt und trotzdem nicht wie ein Stein zu Erde fällt, besitzt die besten Gene und ist es Wert, sich fortzupflanzen. Sicher, ab und an kann das Feuer auch zur Verteidigung verwendet werden, oder um einen feuchten Hort auszutrocknen, aber welcher Drachen wäre schon ernsthaft so dumm einen Kampf auf Leben und Tod ausschließlich mit seiner Flammenwaffe zu bestreiten? Er könnte gen Ende nicht mehr flüchten (sollte dies von Nöten sein), da er über nicht mehr genügend Gas in seinem Körper verfügt welches ihn aufsteigen ließe.
Kurzum. Drachen spucken nur Feuer, weil sie es müssen. Es wurde von der Natur vorgesehen als ein Teil der großartigen Fähigkeit der Drachen zu fliegen.
- [1]Auszug aus Das große Buch der Ungeheuer, verwendet mit Erlaubnis des TOSA Verlages↩